Die Shooter-Reihe Destiny läuft jetzt seit 7 Jahren. Der aktuelle Teil „Destiny 2“ hatte 2017 Release und soll wohl noch einige Jahre aktuell bleiben. Doch die Glanzzeiten des Shooters liegen bereits einige Jahre zurück.
Schon bei den ersten E3-Präsentationen 2013 zeichnete Bungie das Bild eines großen Science-Fiction-Abenteuers, in dem man eine faszinierende Welt entdecken und mit seinen Freunden Spaß haben kann. Alles wirkte mysteriös und fremd, voller Geheimnisse, die es zu ergründen galt. Die Welt wirkte riesig und sollte immer weiter wachsen.
Noch heute haben viele Spieler den Satz im Ohr: “Destiny soll ein Spiel für 10 Jahre sein!”
Der Wunsch und das Versprechen: Destiny – das Spiel für 10 Jahre
Auch in den Jahren danach deutete Bungie immer an, das Universum von Destiny könnte noch so viel weiter wachsen und so viel größer sein: Immer mehr Waffen, Locations, Raids, Endbosse und Gegner könnten ja ins Spiel kommen. Es gab immer eine neue, noch ferne Bedrohung in den Weiten des Alls, dies zu besiegen galt. Bald würden sicher neue Features kommen, die Destiny vom Lobby-Shooter in eine lebendige Welt verwandeln.
Der größte Wunsch der Fans von Destiny war es aber, beständig vom Spiel mit neuen, aufregenden Inhalten unterhalten zu werden, Meilenstein-Erweiterungen wie „König der Besessenen“ oder „Forsaken“ zu erleben, von Bungie mit geheimen Quests überrascht zu werden und immer wieder neue spannende Waffen zu entdecken wie die legendäre Gjallarhorn oder die wahnsinnig stylishe „The Last Word“.
Und Bungie sagte auch, dass diese Träume in Erfüllung gehen. Noch im Juli 2015 versprach uns Bungie: Spieler würden nie einen neuen Hüter erstellen müssen. Der bleibe immer für sie da. Bungie werde immer mehr Inhalte ins Spiel bringen.
In der Praxis ist Destiny 2 in den letzten Jahren eher kleiner geworden, auch die Visionen und Hoffnungen sind geschrumpft.
Durch den Content Vault sind Inhalte aus dem Spiel rausrotiert. Die „neuen“ Endbosse und Gegner sind heute Feinde, die Hüter bereits 2014 besiegten. Die neuen Locations kennen Veteranen seit 7 Jahren. Und das Recycling der Waffen bei Destiny ist geradezu legendär.
Woran liegt das?
Fehler 1: Activision unterschätzt völlig, wie viel Arbeit so ein MMO-Shooter macht
Die grundlegenden Fehler fanden bereits vor dem Release statt. Wie wir heute wissen, hatte Activision Blizzard mit Bungie damals einen “10-Jahres”-Plan geschmiedet, dass man unfassbar viel Content innerhalb von kürzester Zeit zu Destiny bringen wollte.
In einem Masterplan wurde festgelegt:
Destiny sollte ein Haupt-Release pro Jahr erhalten (2014 Spiel – 2015 Große Erweiterung – 2016 Destiny 2 – 2017 Große Erweiterung)
Zusätzlich sollten noch 2 große Kauf-DLCs pro Jahr erscheinen (Winter 2014 Dunkelheit lauert – Frühling 2015 Haus der Wölfe)
Tatsächlich sollte sich dieser Masterplan tatsächlich über 10 Jahre erstrecken.
Doch diesen Plan konnte Bungie mit Ach und Krach ein Jahr lang halten, bevor er völlig zusammenbrach. Vor dem Release hatte Bungie Zeit, vorzuproduzieren. Wie später bekannt wurde, arbeitete das Team um Luke Smith bereits an der großen 2015er Erweiterung „König der Besessenen“, als sich die Spieler zum Release von Destiny gerade in die Gläserne Kammer wagten.
Doch dieses „Vorproduzieren“ brach Destiny rasch zusammen:
Denn weder das Studio Bungie, noch die Technik des Spiels waren darauf ausgelegt, so einen Content-Ausstoß aufrecht zu erhalten.
Bungie hätte gleichzeitig 4 Teams gebraucht, um am Live-Spiel zu arbeiten, die nächsten 2 DLCs und den Hauptrelease vorzubereiten. In der Praxis scheiterte das daran, dass der Plan zusammenbrach wenn auch nur ein Team Probleme bekam und hinter den Zeitplan zurückfiel. Ein “Live-Team” hatte man naiverweise zum Release gar nicht – das musste erst gebaut werden.
Von einem Insider-Bericht damals kennt man zudem noch den Satz, dass die Engine von Destiny über Nacht laden muss, um einen einzigen Container im Spiel zu bewegen.
Zwar hatte Bungie ein riesiges Team, war aber strukturell überhaupt nicht darauf ausgelegt, ein Live-Spiel zu betreuen.
Fehler 2: Destiny 2
Ein Überbleibsel aus dem „großen 10-Jahres-Plan“ mit Activision Blizzard war es, dass man überhaupt ein „Destiny 2“ machen sollte. Damit verlor Bungie jedoch die spielerischen und inhaltlichen Fortschritte, die man sich bei Destiny 1 in den 3 Jahren so hart erarbeitet hatte.
Bungie selbst konnte das 2017 kaum rechtfertigen, denn eigentlich hatten sie sich die letzten Jahre ja darauf eingestellt, nun weiter an Destiny zu arbeiten und das Spiel zu verbessern. Der Vertrag mit Activision Blizzard sah aber ein „Destiny 2“ vor.
In einem Podcast sagte Vordenker Luke Smith damals, der Vorteil von Destiny 2 sei es, dass man ein großes „2“ auf die Box schreiben könne, als eine Art Zeichen: „Es geht neu los, steigt doch jetzt ein.“
Doch so richtig nach „Fortsetzung“ schmeckte Destiny 2 nicht, für viele war es ein Rückschritt.
So kam das PvP in Destiny 2 nie so richtig auf die Beine und kränkelt seit 4 Jahren.
Zudem fühlten sich Hüter getäuscht, dass ihre kosmetischen Items, die sie in Destiny 1 kauften, nicht zu Destiny 2 mit rübernehmen konnten. Das senkte sicher auch die Motivation, sich bei Destiny 2 im Cash-Shop zu bedienen.
Das Erlebnis, „alle Items in einem Angriff der Aliens zu verlieren“, wurde dadurch zunichte gemacht, dass viele der Waffen später auf die ein oder andere Art doch zurückkamen.
Die Notwendigkeit, ein Destiny 2 zu entwickeln, kam noch aus der „Call of Duty“-Philosophie von Activision Blizzard: Jedes Jahr ein neues Spiel im Laden zu haben, das für 60€ verkauft wird.
Fehler 3: Die Trennung von Activision Blizzard
Man weiß nicht so genau, woran es genau lag, aber es könnte dieser Konflikt zwischen „Fortsetzung“ und „Wir machen Destiny weiter“ sein, der zur Trennung von Activision Blizzard führte.
Dabei kam die Trennung gerade zu dem Zeitpunkt, als Destiny im Jahr 2019, 5 Jahre nach dem ursprünglichen Release, endlich auf dem besten Weg war, die Wünsche der Spieler zu erfüllen:
Mit Destiny 2 Forsaken hatte der Shooter eine tolle Erweiterung erhalten.
Endlich waren die Beiboot-Studios von Activision Blizzard angekommen, die richtig gute Arbeit machten. Nun war es in Reichweite, die irren Content-Pläne umzusetzen, die man Jahre zuvor geschmiedet hatte.
Das Team schien jetzt auf Betriebstemperatur zu sein, die neuen Mechanismen funktionierten, mit Luke Smith hatte man einen Chef an Bord, der klare Vorstellungen hatte, Destiny zu einem Action-MMO zu formen.
Doch genau jetzt, als eigentlich alle Puzzle-Teile zusammen waren, kam der Bruch mit Activison Blizzard, die offenbar von den Verkaufszahlen von Forsaken enttäuscht waren und wahrscheinlich hinter den Kulissen auf einen Neustart mit Destiny 3 drängten.
2019, das eigentlich ein tolles Jahr für Destiny 2 hätte sein müssen, wurde zu einem „Filler-Jahr“, in dem kaum was passierte.
Nach der Trennung von Activision Blizzard und dem Verlust der Beiboot-Studios läutete Bungie zwar ein „neues Zeitalter“ ein und versprach, jetzt Destiny 2 ohne Kompromisse so weiterzuentwickeln, wie man sich das vorstellt.
Doch in der Realität hatte das Studio erhebliche Ressourcen verloren und musste sich komplett neu aufstellen. Den Fans gestand man später, man könne wohl nie wieder so was Großes machen wie „Forsaken“. Seitdem sind die Visionen und Träume von Destiny 2 erheblich geschrumpft – genau wie die Spielwelt, aus der nun Inhalte rausrotieren.
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